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01.06.2022 | Ein weiterer Vorteil von Östradiol in den Wechseljahren?

Lange ist bekannt, dass Östradiol den Knochenstoffwechsel und postmenopausal die Beschwerdesymptomatik wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Ähnliches positiv beeinflussen kann. Kürzlich wurden weitere Hypothesen aufgestellt, in denen das Östradiol eventuell eine tragende Rolle spielen könnte. (Gersh et al. The Renin-Angiotensin-Aldosterone system in postmenopausal women: the promise of hormone therapy. Mayo Clin. Proc. 2021; 96: 3130-3141). Unumstritten ist, das Vorhandensein bestimmter Östradiolrezeptoren an Gefäßen, Myokard, Muskeln, Gehirn und Immunzellen. Untersucht wurde der bisher unbekannte Zusammenhang zwischen Östradiol und dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Letzteres ist sowohl für eine antiinflammatorische als auch proinflammatorische Wirkung verantwortlich. Diese Signalwege sind für die Regulation von Wasser- und Elektrolythaushalt als auch für den Blutdruck wichtig. Zusätzlich gibt es auch eine spezifische Immunantwort z.B. nach einem Trauma oder gegenüber Krankheitserregern, die durch das RAAS beeinflusst wird. Die Autoren vermuten, dass Östradiol ein wichtiger Botenstoff ist und diesen proinflammatorischen oder antiinflammatorischen Signalweg zu steuern vermag. Bei einem bestimmten Östradiolspiegel z.B. ist das System auf Antiinflammation gestellt. Interessanterweise soll nach einer Infektion mit pathogenen Krankheitserregern (z.B. Viren) oder auch bei einem Trauma durch Östradiol das RAAS auf die proinflammatorischen Wege umschalten. Wenn diese „Bedrohung“ vorüber ist, stellt das Östradiol die Homöostase wieder her.

Nach diesen Beobachtungen vermuten die Autoren, dass eine Östradiol-Hormon-Ersatztherapie bei Frauen in der Postmenopause auch einen Nutzen für diese RAAS-Regulationswege hat. Diese Beobachtung soll durch weitere wissenschaftliche Publikationen und Experimente untermauert werden.

Prof. Dr. med. Christoph Dorn