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01.01.2017 | Bedeutung des Intervalls zwischen Abort und Konzeption für den Schwangerschaftsverlauf

Sowohl die WHO (Report of a WHO Technical Consultation on Birth Spacing. WHO [Internet] 2005. http://www.who.int/maternal_child_adolescent/documents/birth_spacing.pdf) als auch viele Beratende empfehlen nach einem Abort eine wenigstens 6monatige „Wartezeit“ bis zur erneuten Konzeption. Gerade für „ältere“ Kinderwunschpatientinnen kann dieser Rat eine durchaus relevante Verzögerung einer spontanen Konzeption oder ggf. aktiven Kinderwunschbehandlung bedeuten. Grund für die Empfehlung ist die Annahme, dass ein kürzeres „interpregnancy interval“ (IPI) den Verlauf der nachfolgenden Gravidität negativ beeinflussen könnte. Das IPI ist definiert als die Zeit zwischen dem Ende einer Schwangerschaft und der erneuten Konzeption.
Eine aktuelle Meta-Analyse beschäftigt sich mit der Frage, ob ein IPI < 6 Monate tatsächlich den ihm nachgesagten negativen Effekt aufweist (Kangatharan et al. Interpregnancy interval following miscarriage and adverse pregnancy outcomes: systematic review and meta-analysis. Hum. Reprod. Update 2016 Nov 17 [Epub ahead of print]). Die Autoren schlossen 10 Studien mit 977 972 Frauen ein. Verglichen wurde Schwangerschaften nach einem IPI < 6 versus > 6 Monate hinsichtlich eines erneuten Abortes, einer Früh-, Totgeburt, einer Präeklampsie und eines SGA-Kindes.
Bei einem IPI < 6 Monate lagen das Abortrisiko (RR 0,82; 95% CI 0, 78 -  0,86), die Frühgeburtlichkeit (RR 0,79; 95% CI 0,75 – 0,83) sogar signifikant niedriger. Die Risiken einer Totgeburt, eines SGA und einer Präeklampsie waren vom IPI nicht beeinflusst. Eine Subgruppenanalyse (IPI < 6 Monate versus 6-12 Monate bzw. > 12 Monate) veränderte die Ergebnisse nicht.
Diese Resultate bestätigen uns in unserem schon lange praktizierten Vorgehen in Beratungsgesprächen von Kinderwunschpaaren nach einem abgelaufenen Abort.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth