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15.11.2024 | Einfluss von Übergewicht/Adipositas auf die Lebendgeburten-Rate im Kryozyklus

Viele Studien und Diskussionen beschäftigen sich mit dem Vergleich der Kryozyklen im natürlichen vs. programmierten Zyklus.
In einer aktuellen retrospektiven Studie wurden beide Möglichkeiten der Endometriumvorbereitung für den Kryotransfer vor allem unter dem Gesichtspunkt des BMI betrachtet. Ruiz et al. untersuchten, ob in Abhängigkeit vom BMI (Normalgewicht vs. Übergewicht vs. Adipositas) beim Transfer einer euploiden Blastozyste der natürliche Zyklus hinsichtlich der Lebendgeburten-Rate (LGR) dem programmierten Zyklus überlegen ist (Ruiz et al. Impact of overweight and obesity on live birth rate in single euploid frozen embryo transfers: the key is in the preparation protocol! Reprod. Biomed. Online 2024; Sept 6: Online ahead of print).

Dafür wurden 845 Transfers von jeweils einer zuvor kryokonservierten euploiden Blastozyste (seFET) in Bezug auf den BMI in 3 Kategorien unterteilt (normaler BMI, Übergewicht, Adipositas) ausgewertet. Eingeschlossen wurden letztendlich 688 Paare (neben dem BMI zusätzlich unterteilt nach Alter, Qualität des Embryos, Art der Infertilität), von denen wiederum 481 programmierte und 262 spontane Zyklen Berücksichtigung fanden.
In den programmierten Zyklen (6 mg Estradiolvalerat ab Tag 2/3, Lutealphase mit 300 mg Progesteron/d vag.) zeigte sich eine signifikant niedrigere LGR (RR 0,80, 95%CI 0,73 - 0,88, p<0,001) im Vergleich zu den natürlichen Zyklen (spontaner LH-Anstieg, 300 mg Progesteron/d vag. ab ET-Tag). Dieser Effekt veränderte sich außerdem signifikant mit dem BMI. Der signifikante Unterschied zwischen programmiertem und natürlichem Zyklus galt für alle BMI-Kategorien, aber die Senkung der LGR war bei normal- und übergewichtigen Patientinnen weniger ausgeprägt (RR 0,87, 95%CI 0,78-0,97, p=0,014) als bei adipösen (Grad I/II) (RR 0,61, 95%CI 0,49-0,75, p<0,001).

Die AutorInnen schlussfolgern, dass der natürliche Zyklus hinsichtlich der LGR vorteilhaft gegenüber dem programmierten Zyklus ist und sich dieser Unterschied mit zunehmendem BMI verstärkt. Sie spekulieren, dass übergewichtige/adipöse Patientinnen möglicherweise mehr Progesteron in der Lutealphase benötigen.
Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass wir in programmierten Zyklen in unserem Zentrum generell eine höhere Progesterondosis verwenden als die in dieser Studie beschriebene.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth