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Hier werden alle bisherigen und zukünftigen Beiträge hinterlegt.

01.06.2023 | Schilddrüsen-Antikörper und Implantationsversagen bei einer normalen Schilddrüsenfunktion

Erhöhte Schilddrüsen-Antikörper sind bei wiederholten Spontanaborten ein intensiv diskutiertes Phänomen, wobei man auf Basis der verfügbaren Studien aktuell davon ausgeht, dass sie bei einer euthyreoten Frau keine Bedeutung haben (Akhtar et al. Thyroxine replacement for subfertile women with euthyroid autoimmune thyroid disease or subclinical hypothyroidism. Cochrane Database Syst. Rev. 2019; 6: CD011009; Dhillon-Smith et al. Levothyroxine in women with thyroid peroxidase antibodies before conception. N. Engl. J. Med. 2019; 380: 1316-1325, Sarne. Levothyroxine in women with thyroid peroxidase antibodies before conception. N. Engl. J. Med. 2019; 381: 190-191).

Weniger Daten existieren dagegen zum Implantationsversagen (recurrent implantation failure, RIF), was vermutlich unter anderem damit zusammenhängt, dass dieses sehr unterschiedlich definiert wird.

In einer aktuellen retrospektiven Studie wurden 1031 euthyreoide Patientinnen mit einem RIF in IVF/ICSI-Zyklen eingeschlossen (Guo et al. Impact of thyroid autoimmunity on pregnancy outcomes in euthyroid patients with recurrent implantation failure. Reprod. Biomed. Online 2023; May 05: Online ahead of print, DOI: https://doi.org/10.1016/j.rbmo.2023.05.001).

Einschlusskriterien:

  • keine Schwangerschaft nach dem Transfer von kumulativ mindestens 4 qualitativ hochwertigen Embryonen (Klassifikation nach: Gardner & Schoolcraft. Culture and transfer of human blastocysts. Curr. Opin. Obstet. Gynecol. 1999; 11: 307-311) in wenigstens 3 Frisch- oder Kryo-Zyklen
  • Alter: 20-40 Jahre
  • TSH im Referenzbereich
  • normaler Karyotyp bei beiden Partnern

Die Unterteilung erfolgte auf Basis der Schilddrüsen-Ak (SD-Ak) (SD-Ak pos.: n=219, SD-Ak-neg.: n=812). Adjustiert wurde unter anderem nach den unterschiedlichen SD-Ak und dem TSH-Wert.

Beide Gruppen unterschieden sich hinsichtlich der ovariellen Reserve, der ovariellen Reaktion, der Qualität der transferierten Embryonen, dem Therapieergebnis und dem Schwangerschafts-Ausgang nicht signifikant. Nach einer Adjustierung nach dem Alter, dem BMI, dem TSH und FT4 war die Rate biochemischer Schwangerschaften in der SD-Ak-pos. Gruppe signifikant niedriger (OR 1,39, 95% CI 1,02 – 1,90, p = 0,036). Die Implantations-, die Abort- und die Lebendgeburten-Rate unterschieden sich sowohl im Gesamtkollektiv als auch in den Subgruppen nicht signifikant.

Diese Untersuchung ist sicher nicht ausreichend für ein finales Statement, aber unterstützt aktuell die Aussage, dass SD-Ak bei euthyreoten Frauen die Implantation in IVF/ICSI-Zyklen nicht negativ beeinflussen.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth