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01.10.2020 | Hat die Kohabitation zum Zeitpunkt der Implantation negative Auswirkungen auf die Schwangerschaftschancen?

Gerade im Rahmen der assistierten Reproduktion fragen Paare nach dem Embryotransfer oft, ob sie bis zum Schwangerschaftstest Geschlechtsverkehr haben können oder dies die Implantationschancen negativ beeinträchtigen könnte. Eine ältere Publikation hatte einen solchen Zusammenhang beschrieben, so dass sich sowohl unter Patienten als auch vielen Fachleuten hartnäckig die Empfehlung zur sexuellen Karenz in diesem Zeitraum hält (Steiner et al. Peri-implantation intercourse lowers fecundability. Fertil. Steril. 2014; 102: 178-182).
Interessant ist daher eine aktuelle Studie zur Frage, ob die Kohabitation während des Implantationsfensters (5-9 Tage nach Ovulation) die Fertilität vermindert (Stanford et al. Peri-implantation intercourse does not lower fecundability. Hum. Reprod. 2020; 35: 2107-2112).
In der prospektiven Beobachtungsstudie wurden in 5 europäischen Ländern Daten von  Frauen im Alter von 18-40 Jahren ohne Hinweise auf eine Subfertilität erfasst, die an einem Projekt zur natürlichen Familienplanung teilnahmen und dabei ihren Zyklus sowie die Kohabitationen dokumentierten. Eingeschlossen wurden letztendlich 2606 Zyklen von 661 Frauen mit periovulatorischem Geschlechtsverkehr, woraus 418 Schwangerschaften resultierten. Die Auswertung erfolgte nach Adjustierung für das Alter des Partners, vorherige Schwangerschaften, Häufigkeit der Kohabitation etc. Verglichen wurden Paare ohne, mit einmaligem, zweimaligem und mindestens dreimaligem Geschlechtsverkehr im Implantationsfenster.
Im Ergebnis zeigte sich kein Einfluss der Kohabitation in der Periimplantationsphase auf die Fekundität (adjustierte Fekundität bei ≥ 3 Kohabitationen vs. sexuelle Karenz: 1,00; 95%CI 0,76 – 1,13).
Die Autoren schlussfolgern, dass die aktuellen Daten die Empfehlung zur sexuellen Karenz im Implantationsfenster nicht unterstützen.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth