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15.11.2023 | Arbeitsplatzverlust während der Schwangerschaft und Risiko von Aborten bzw. Totgeburten

Bisherige Untersuchungen zu psychosozialen Aspekten eines Schwangerschaftsverlustes ließen vermuten, dass individuelle Faktoren wie intensive Arbeitszeiten und finanzielle Belastungen das Risiko eines frühen und auch späten Schwangerschaftsverlustes erhöhen.
Eine aktuelle Studie suchte die Antwort auf die Frage, ob der Verlust des Arbeitsplatzes während der Schwangerschaft (sowohl der Schwangeren als auch des Partners) das Risiko für einen Abort oder eine Totgeburt erhöht (Di Nallo & Köksal. Job loss during pregnancy and the risk of miscarriage and stillbirth. Hum. Reprod. 2023; Sep 27: Online ahead of print).

Eingeschlossen wurden 8142 Schwangerschaften mit vollständigen Angaben zum Ausgang und Konzeptionsdatum (n=136 mit und n=8006 ohne Arbeitsplatzverlust). Outcome-Parameter waren die Lebensgeburt und der Abort, Expositionsvariable der Verlust des Arbeitsplatzes der Frau oder ihres Partners. Zur Beurteilung des Einflusses eines Arbeitsplatzverlustes während der Schwangerschaft dienten um verschiedene soziodemografische und wirtschaftliche Merkmale bereinigte logistische Regressionsmodelle.
Basismodelle, in denen der demografische Hintergrund der Frauen und frühere Aborte berücksichtigt wurden, ergaben ein erhöhtes Risiko für einen Schwangerschaftsverlust, wenn die Frauen während ihrer Schwangerschaft mit dem Verlust des eigenen oder des Arbeitsplatzes ihres Partners konfrontiert waren (OR 1,99; 95% CI: 1,32 – 2,99). Nach Bereinigung der Modelle um sozioökonomische und partnerschaftsbezogene Faktoren blieb der Zusammenhang unverändert (OR 1,81; 95 % CI: 1,20 – 2,73).

Als Schwächen der Studien nannten die AutorInnen, dass das Schwangerschaftsergebnis und der Zeitpunkt der Empfängnis selbst angegeben wurden, dass trotz der Berücksichtigung einiger  soziodemografischer Merkmale und des selbst eingeschätzten Gesundheitszustandes andere Faktoren sowohl mit dem Verlust des Arbeitsplatzes als auch mit dem Verlust der Schwangerschaft korreliert sein könnten und dass aufgrund der begrenzten Stichprobengröße nicht beurteilt werden kann, ob das Ergebnis auch für andere sozioökonomische Schichten gilt.

Die Autoren schlussfolgern aus ihren Daten, dass der Verlust des eigenen Arbeitsplatzes oder des Arbeitsplatzes des Partners während der Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für einen Abort oder eine Totgeburt assoziiert ist. Das unterstreicht nach ihrer Meinung die Bedeutung der Sicherheit des Arbeitsplatzes und der sozialen Absicherung schwangerer Frauen und ihrer Partner.

Prof. Dr. med. Frank Nawroth