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15.02.2018 | Adipositas und assistierte Reproduktion

Die Adipositas wird von der WHO als Epidemie des Jahrhunderts wahrgenommen. Aus der 2010 publizierten SWAN-Studie (1) ist eine signifikante Assoziation des BMI > 30 kg/m² während der Pubertät mit einer lebenslangen höheren Wahrscheinlichkeit einer Nulligravidität bekannt (1). In einer Metaanalyse von über 40 Interventionsstudien über einen Zeitraum von 30 Jahren zeigte sich in den Gruppen mit Lebensstilmodifikation (Diät mit 1400 kcal/d und aerober Sport) eine höhere Schwangerschaftsrate im spontanen Zyklus und eine Optimierung der Ovulation, obwohl sich die Fehlgeburten- und Schwangerschaftsrate bei einer IVF/ICSI durch diese Intervention nicht beeinflussen ließen (2).
Die COMPI-Studie konnte bei 1.417 IVF/ICSI-Zyklen, in denen 33,3% der behandelten Frauen (21,1% mit einem BMI > 25 kg/m², 12,1% mit einem BMI > 30 kg/m²) übergewichtig/adipös waren, eine signifikant niedrigere Eizellzahl sowie signifikant häufiger Zyklusabbrüche mit der damit verbundenen niedrigeren Anzahl an gut entwickelten Embryonen nachweisen. Ein signifikanter Unterschied der Lebendgeburtenrate pro Behandlungszyklus war jedoch nicht feststellbar. Lediglich im Kollektiv jüngerer übergewichtiger Frauen (< 35 J.) scheint eine Gewichtsreduktion die Ergebnisse der ART relevant zu verbessern (3).
Maheshwari et al. (4) stellten bei übergewichtigen Frauen eine niedrigere Konzeptionswahrscheinlichkeit in der IVF (OR 0,7, 95% CI 0,62 - 0,81) sowie einen höheren Bedarf an Gonadotropinen (mittlere Differenz 210,08, 95% CI 149,12 - 271,05) und eine höhere Fehlgeburtenrate (OR 1,33, 95% CI 1,06 - 1,08) fest. In den ART-Ergebnissen mangelt es an Daten im Hinblick auf das Kollektiv der Frauen mit einem BMI > 35 kg/m².
Die dargestellten Ergebnisse haben dazu geführt, dass in Neuseeland seit den 90er Jahren Frauen mit einem BMI < 18 kg/m² bzw. > 32 kg/m² von der Kostenerstattung für die IVF/ICSI ausgeschlossen sind (5).
Die oben genannten Studien zeigen weiteren Klärungsbedarf zu dieser Frage, aber unterstützen bereits jetzt die zusätzliche Motivation übergewichtiger und adipöser Kinderwunsch-Patientinnen zur Gewichtsreduktion.

Literatur

  1. Polotsky A et al. Association of adolescent obesity and lifetime nulliparity - the Study of Women's Health Across the Nation (SWAN). Fertil. Steril. 2010; 93: 2004-2011
  2. Best D et al. How effective are weight-loss interventions for improving fertility in women and men who are overweight or obese? A systematic review and meta-analysis of the evidence. Hum. Reprod. Update 2017; 23: 681-705
  3. Pinborg A et al. Influence of female bodyweight on IVF outcome: a longitudinal multicentre cohort study of 487 infertile couples. Reprod. Biomed. Online 2011; 23: 490-499
  4. Maheshwari A et al. Effect of overweight and obesity on assisted reproductive technology- a systematic review. Hum. Reprod. Update 2007; 13: 433-444
  5. Farquhar CM, Gillet WR. Prioritising for fertility treatments - should a high BMI exclude treatment? BJOG 2006; 113: 1107-1109

Dr. med. Raquel Pozo-Ugarte